Bei einer Erkrankung haben Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen für bis zu sechs Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Geregelt ist die im sog. Entgeltfortzahlungsgesetz.
Nach Ablauf dieser Frist geht die Leistung in das Krankengeld der Krankenkasse über, falls die Arbeitsunfähigkeit andauert.
Um eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzung vorliegen, zudem treffen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber besondere Pflichten.
Nachfolgend das Wichtigste zu Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in Kürze:
- Arbeitsverhältnis muss mindestens 4 Wochen andauern.
- Fristgerechte Anzeige der Arbeitsunfähigkeit gg.über dem Arbeitgeber.
- Die Arbeitsunfähigkeit muss ohne eigenes Verschulden eingetreten sein (z.B. wegen Krankheit oder Unfall).
- Anspruch auf Lohnfortzahlung für bis zu 6 Wochen.
- Lohnfortzahlung gilt für jede neue Erkrankung.
- Nach Ablauf der Lohnfortzahlung folgt Krankengeld durch die Krankenkasse.
Lohnfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)
Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) regelt in § 3 die Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen bei Krankheit oder Arbeitsunfällen und sieht vor, dass Arbeitgeber bis zu sechs Wochen (42 Kalendertage) das volle Gehalt weiterzahlen müssen.
Das bedeutet,
- das Arbeitsverhältnis muss mindestens 4 Wochen bestehen,
- Lohnfortzahlung erfolgt für sechs Wochen – Wieder-, Neu- oder Folgeerkrankung haben Auswirkungen – evtl. längere Lohnfortzahlung,
- Arbeitgeber können den Beweiswert der AU anzweifeln, müssen Anhaltspunkte benennen.
Nach diesem Zeitraum übernimmt die Krankenkasse mit dem Krankengeld. Die Lohnfortzahlung gilt für jede neue Erkrankung.
Wichtig – Nachweis – bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Kalendertage dauert, muss am vierten Tag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorliegen. Seit 2023 wird diese elektronisch vom Arbeitgeber bei der Krankenkasse abgerufen (eAU).
Andere Regelungen diesbezüglich können sowohl vertraglich als auch aufgrund eines Tarifvertrages bestehen.
Anschauungsbeispiel Wartezeit – Entgeltfortzahlung
Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers beginnt laut Arbeitsvertrag am 01.08.2025. Der Arbeitnehmer erkrankt nach 3 Wochen, am 26.08.2025. Die Wartezeit beträgt laut Entgeltfortzahlungsgesetz 4 Wochen, sodass die Erkrankung vorliegend innerhalb der Wartezeit besteht. Erfolgt die Krankschreibung nun bis 09.09.2025, erhält der Arbeitnehmer vom 01.09.2025 bis 09.09.2025 Entgeltfortzahlung.
Lohnfortzahlung auf im Minijob?
Minijobber haben als Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Es gelten grds. dieselben Voraussetzungen wie bei jedem anderen Arbeitnehmer.
Im Minijob erfolgt die Bemessung der Entgeltfortzahlung nach der regelmäßigen Arbeitszeit des Minijobbers. Anhand dieser wird die Höhe der Entgeltfortzahlung bestimmt.
Beispiel:
Die vertragliche Arbeitszeit einer Minijob-Beschäftigten beträgt für den Montag 5 Stunden. Bei einer Erkrankung an einem Montag erhält der/die Minijobber(in) für 5 Stunden Entgeltfortzahlung.
Wichtig:
Auch Minijobber müssen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (online) erbringen und sich unverzüglich, ordnungsgemäß krank melden!
Anzeige Arbeitsunfähigkeit – Kranmeldung per WhatsApp möglich?
Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz ist es die Pflicht des Arbeitsnehmers, der Arbeitnehmerin, die Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß und fristgerecht gegenüber dem Arbeitgeber anzuzeigen.
Wie eine Krankmeldung erfolgen muss, ist nicht gesetzlich geregelt.
Kurz und Knapp
- Zeitpunkt der Krankmeldung – die Krankmeldung muss am ersten Arbeitstag erfolgen. Nicht verwechseln mit der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung!
- Form der Krankmeldung – eine Krankmeldung bedarf keiner speziellen Form. De Vorgaben des Betriebs und die des Chefs sind zu beachten. Grds. ist eine Krankmeldung per WhatsApp, SMS oder E-Mail möglich – aber nur, wenn dies vorab durch den Betrieb/Chef so festgelegt wurde.
- Abmahnung / Kündigung – eine verspätete oder unrichtige Krankmeldung kann zur Abmahnung, im schlimmsten Fall zur Kündigung führen.
Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Krankmeldung zum richtigen Zeitpunkt (Arbeitsbeginn) an die richtige Person (Firmeninhaber, Chef, Vorgesetzter oder Personalabteilung) erfolgt.
Wichtig:
Nicht ausreichend ist eine Krankmeldung an eine WhatsApp-Gruppe oder an Kolleginnen / Kollegen auf deren privates Handy, auf welches der Chef/Vorgesetzte keinen Zugriff hat.
Mit individuellen Nachrichten verhält es sich anders. Erhält der Chef selbst vor Arbeitsbeginn auf seinem Handy eine an ihn persönlich gerichtete WhatsApp-Nachricht des Arbeitnehmers mit einer Krankmeldung, in der auch die voraussichtliche Dauer der Erkrankung mitgeteilt wird, reicht dies rechtlich aus.
Wichtig:
Es gibt jedoch eine Ausnahme – Eine Krankmeldung per WhatsApp ist nur zulässig, wenn in dem Betrieb WhatsApp als ein übliches Kommunikationsmittel zwischen Mitarbeitern und Chef festgelegt ist.
Ist WhatsApp als Kommunikationsmittel nicht üblich, muss der Chef damit auch nicht rechnen.
Der Arbeitnehmer ist dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Nachricht den Vorgesetzten auch tatsächlich erreicht und dass dies rechtzeitig erfolgt. Eine Krankmeldung kurz vor Dienstschluss kann dazu führen, dass kein sicherer Kommunikationsweg gewählt wurde und so der Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerin die Pflichten nicht erfüllt hat.
Auch zu beachten ist, dass die Firma, der Betrieb oder gar der Chef selbst bestimmen und vertraglich festlegen kann auf welche Weise die Krankmeldung stattfinden soll.
Erfolgt die Vorgabe, dass eine Krankmeldung telefonisch erfolgen muss, muss die Anweisung beachtet werden.
Abmahnung bzw. Kündigung bei nicht ordnungsgemäßer Krankmeldung
Der Gefahr eine Abmahnung zu erhalten, setzt man sich aus, wenn
- man sich zu spät,
- bei der falschen Person oder
- auf dem falschen Weg krank meldet.
Im Wiederholungsfall kann dies sogar zu einer Kündigung führen.
Dies deshalb, weil der Arbeitnehmer die Hauptpflicht aus dem Arbeitsvertrag, die Erbringung der Arbeitsleistung schuldhaft verletzt.
Wichtig – Der Arbeitgeber kann nach § 7 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) verweigern, solange der Arbeitnehmer kein ärztliches Attest vorlegt.
Erkrankung während des Urlaubs
Wird ein Arbeitnehmer während eines vom Arbeitgeber genehmigten Urlaubs krank und ist die Erkrankung durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung belegt, dann werden die Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet.
Es besteht dann ein Anspruch des Arbeitnehmers auf sog. Nachgewährung der Urlaubstage. Aufgrund der Erkrankung wird der Erholungszweck des Urlaubs nicht erreicht – so § 9 des Bundesurlaubsgesetzes kurz BurlG.
Kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern?
Der Arbeitgeber kann die Entgeltfortzahlung verweigern, wenn der Arbeitnehmer seine Mitteilungs- und Nachweispflichten nicht erfüllt oder wenn die Erkrankung nicht der alleinige Grund für die Arbeitsunfähigkeit ist.
Rechtsprechung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (EFZG):
Beweislast – längere Entgeltfortzahlung – verschiedenste Erkrankungen: Wenn Arbeitnehmer wegen mehrerer, verschiedener Erkrankungen eine länger Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen, müssen die Arbeitnehmer den Nachweis erbringen, dass es sich tatsächlich um verschiedene Erkrankungen handelt. Hierfür müssen alle relevanten Daten offengelegt werden, unter Umständen umfasst dies auch, den oder die Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden – so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 18.01.2023 – Az. 5 AZR 93/22 oder Urteil vom 11.12.2019, 5 AZR 505/18.
Erschütterung des Beweiswertes der AU-Bescheinigung: Erfolg unmittelbar an eine Kündigung durch den Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit anhand einer AU-Bescheinigung und deckt diese den Zeitraum der Kündigungsfrist ab, tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage der Bescheinigung bestand, d.h. der Arbeitnehmer muss konkrete Tatsachen nachweisen und darlegen, die eine Erkrankung ersichtlich machen – Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 8.09.2021 – Az. 5 AZR 149/21.
Der Arbeitnehmer muss dann
- konkrete gesundheitliche Einschränkungen, die diesen Diagnosen entsprechen, vorzutragen und
- deren Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bezogen auf die konkret geschuldete Tätigkeit
Gelingt dieser Vortrag nicht, verliert der Arbeitnehmer eine Arbeitsrechts-Prozess.
Rückforderung der Lohnfortzahlung durch Arbeitgeber
Der Arbeitgeber kann die geleistete Entgeltfortzahlung zurückfordern kann, wenn der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch die Umstände (Kündigung, Dauer der Krankschreibung, Sportaktivitäten) erschüttert wird und der Arbeitnehmer die Krankheit nicht näher darlegte.
Hierzu ein Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) vom 05.07.2024 – Az. 12 Sa 1266/23:
- Das Gericht verurteilte den ehemaligen Arbeitnehmer zur Zahlung von 3.363,34 EUR an den Arbeitgeber.
- Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den zeitlichen Zusammenhang zur Kündigung, die lange Dauer der Folgebescheinigung und die sportlichen Aktivitäten erschüttert war. Weil der Arbeitnehmer keine konkreten Angaben/Umstände zu seiner Krankheit machte, entschied das Gericht, dass keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt und somit die Lohnfortzahlung ohne Rechtsgrund erfolgte.
- Folge – der gekündigte Arbeitnehmer muss einen Teil der erhaltenen Entgeltfortzahlung zurückzahlen.
Kann der Arbeitgeber den Beweiswert einer AU-Bescheinigung erschüttern?
Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Ein Arbeitnehmer erfüllt die Pflicht zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit, indem er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Arbeitgeber übermittelt bzw. nach neuestem Stand der Arbeitgeber nach erfolgter Kranmeldung die AU-Bescheinigung online abruft – so § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellt das Beweismittel für die Arbeitsunfähigkeit dar.
Ihr kommt nach der Rechtsprechung ein hoher Beweiswert zu.
Dieser Beweiswert kann jedoch durch den Arbeitgeber erschüttert werden.
Entscheidend für die Beweis-Erschütterung ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 08.09.2021 – Aktenzeichen 5 AZR 149/21.
Wenn die Dauer der Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig die Kündigungsfrist beträgt, ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts der Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert.
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Fazit
- Arbeitnehmer erhalten Entgeltfortzahlung für sechs Wochen – bei verschiedenen Krankheiten auf möglicherweise länger.
- Innerhalb der Wartezeit von 4 Wochen ab Beginn des Arbeitsverhältnisses wird keine Lohnfortzahlung gewährt.
- Die Arbeitsunfähigkeit muss form- und fristgerecht angezeigt werden – eine WhatsApp-Nachricht reicht nicht, wenn der Arbeitgeber dies nicht akzeptiert.
- Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erbringt den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit – diese kann jedoch vom Arbeitgeber erschüttert werden.
- Die Arbeitsunfähigkeit muss ohne eigenes Verschulden eingetreten sein.
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Über uns
Herr Loibl hat die Kanzlei im August 2019 gegründet. Er hat sein Rechtswissenschaftliches Studium an der Universität Passau absolviert. Während des Referendariats am OLG München folgten Stationen bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf, dem Landgericht Deggendorf.
Vor seinem Studium der Rechtswissenschaften war Herr Loibl bereits mehrere Jahre im Öffentlichen Dienst bei verschiedenen Behörden tätig.
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