Arbeitsrecht, Impfpflicht und das Thema Kündigung sind eng miteinander verbunden! Wir geben einen Überblick:

Einrichtungsbezogene Impfpflicht – Grundsätze und Sanktionen

Nach § 20a IfSG müssen Beschäftigte in Kliniken, Pflegeheimen, Rettungsdiensten und anderen Einrichtungen gleicher Art, aufgrund der sog. einrichtungsbezogenen Impfpflicht bis zum 15.03.2022 einen sog. Immunitätsausweis gegen Covid-19 vorlegen bzw. nachweisen.

Die Impf- und Genesenen-Nachweise sind bis zum 15. März 2022 den Arbeitgebern, die solche Unternehmen/Einrichtungen betreiben, vorzulegen.

Der entsprechende Nachweis über eine vollständige Impfung und/oder Genesung muss durch Vorlage eines Impfausweises, des digitalen Impf-Codes des mit den entsprechenden Daten versehenen Genesenen-Nachweises erbracht werden.

Die Impfpflicht entfällt, wenn Beschäftigte ein ärztliches Zeugnis über den Umstand, dass sie wegen medizinischer Kontraindikation nicht gegen Covid-19 geimpft werden können, vorlegen.

Achtung:

Das Vorlegen von gefälschten oder Gefälligkeitsattesten kann arbeitsrechtliche und strafrechtliche Folgen haben!

Meldepflicht Arbeitgeber

Grds. muss der Arbeitgeber nach § 20a IfSG für Beschäftigte die bereits vor dem 15.03.2022 beschäftigt sind, bei fehlendem Status-Nachweis und / oder Zweifeln an der Richtigkeit eines Nachweises oder seiner Entstehung diese Arbeitnehmer / betreffende Mitarbeiter:innen nebst Personen bezogener Daten dem zuständigen Gesundheitsamt  zu melden.

Aber – unabhängig von dieser Meldepflicht, kann der Arbeitgeber diese Arbeitnehmer: innen / Mitarbeiter: innen über den 15.3.2022 hinaus weiter beschäftigen, ohne das der Arbeitgeber oder die Beschäftigten ein Bußgeld zu erwarten hätten.

Aber was ist ab dem 16.3.2022?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine Beschäftigung zum 16.3.2022 beginnen / antreten oder aber danach, müssen diesen Nachweis zum 1. Arbeitstag erbringen.

Das bedeutet, dass ab dem 16.3.2022 für Neueinstellungen ein bußgeldbewährtes Beschäftigungs- und Betretungsverbot gilt. Es besteht somit das Verbot Nicht-Geimpfte und Nicht-Genese zu beschäftigen.

Für Neu-Beschäftigungen oder den bereits Beschäftigten in den o.g. Einrichtungen bedingt die neu geschaffene einrichtungsbezogene Impfpflicht eine Menge an arbeitsrechtlichen Fragen.

Folge

Das Gesundheitsamt kann, aufgrund seines Ermessens, bei fehlendem oder zweifelhaften Nachweisen, einem Beschäftigten gegenüber folgende Maßnahmen anordnen/treffen:

  • Ärztliche Untersuchung, ob medizinische Kontraindikation vorliegt
  • Betriebsbezogenes Betretungsverbot
  • Personenbezogenes Berufsverbot

Gegen diese Anordnungen steht der verwaltungsrechtliche Rechtsweg offen.

Das Gesundheitsamt hat eine einzelfallbezogene Anordnung zutreffen, die keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der angeordneten Folgen hat, sodass ein Verstoß hiergegen eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Die entscheidende Frage ist, muss ein nicht geimpfter und / oder genesene Beschäftigte mit einer Kündigung rechnen und wen ja, ist diese Kündigung wirksam?

Betrachten wir zunächst das Thema Kündigung für Beschäftigte in den Kliniken, Pflegeheimen und dergleichen und dann, wie sich die Problematik für die restlichen Arbeitsbereiche darstellt.

Beschäftigte in den besonderen Bereichen des § 20a IfSG

§ 20A IfSG erfasst alle Beschäftigten, dh Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den dort genannten Einrichtungen, unabhängig davon, welche Rolle die betroffene Person bekleidet, dh es werden auch freie Mitarbeiter, Leiharbeiter und Auszubildende erfasst.

Laut dem Infektionsschutzgesetz müssen Beschäftigte im Gesundheitswesen bis zum 16. März 2022 Impf- oder Genesenen-Nachweise vorlegen. Verbietet das Gesundheitsamt, wie oben dargestellt, eine Beschäftigung hätte der Arbeitgeber das Recht zu kündigen.

Sofern ein Arbeitnehmer im „Gesundheitswesen“ sich weigert, sich impfen zu lassen oder überhaupt keine Auskunft durch einen entsprechenden Nachweis erteilt, dann darf der Arbeitgeber ihn ausschließen. Im Extremfall kann der Arbeitgeber kündigen. Das Argument des Arbeitgebers kann dann sein, Du Arbeitnehmer kommst ja nicht mehr rein in die Arbeits-/Betriebsstätte und du bekommst deshalb auch kein Geld mehr.

Kündigung

Wie bei jeder Kündigung steht dem Arbeitnehmer der allgemeine, als auch der besondere Kündigungsschutz – sofern die Voraussetzungen erfüllt sind – zu.

Hinsichtlich einer außerordentlichen Kündigung muss ein besonderer Kündigungsgrund nach § 626 BGB vorliegen. Bei einer ordentlichen Kündigung kommen die verhaltensbedingte und die personenbedingte Kündigung in Betracht.

Bei jeder Kündigung gilt jedoch der Grundsatz, das eine Abmahnung zu erfolgen hat – außer das Vertrauensverhältnis ist derart zerrüttet, dass eine Abmahnung entbehrlich ist.

Ob eine Impfpflichtverweigerung, der fehlende Nachweis und ein mögliches Beschäftigungsverbot durch das Gesundheitsamt dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, eine Kündigung auszusprechen, hängt von vielen Faktoren ab und bedarf der Einzelfallprüfung.

Vor einer Anordnung eines Beschäftigungsverbots oder anderer Maßnahmen durch das Gesundheitsamt, hat der Arbeitgeber weder die Möglichkeit die Arbeitnehmer:in zu kündigen, freizustellen oder andere Maßnahmen zu treffen.

Ob der Arbeitgeber eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung aussprechen kann, ist in arbeitsrechtlicher Hinsicht mehr als fraglich, da weder eine verhaltensbedingte noch eine personenbedingte Kündigung wirksam sein dürfte.

Der Arbeitgeber kann vor Erlass einer Anordnung durch das Gesundheitsamt kein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers begründen, da eine Vorwegnahme der Anordnung rein hypothetischer Natur wäre. Es besteht weder eine Haupt- noch Nebenpflicht des Arbeitnehmers hinsichtlich seines Verhaltens, die Arbeitsfähigkeit in seiner Person aufrechtzuerhalten. Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsfähigkeit/-Kraft nur zur Verfügung stellen.

Zudem besteht weder Verhallens- noch Personen bedingt eine Pflicht des Arbeitnehmers, seine Arbeitspflicht derart aufrechtzuerhalten, dass diese unter Vornahme einer Impfung von statten ginge, zumal dies mit einem nicht unerheblichen körperlichen Eingriff, verbunden mit eigenen Gesundheitsrisiken, verbunden wären.

Auswirkungen auf Arbeitslosengeld?

Muss ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung wegen der o.g. Gründe, Sanktionen durch die Arbeitsagentur befürchten?

Die Arbeitsagentur könnte nämlich zu der Auffassung gelangen, dass ein Arbeitnehmer bspw. als „Impfverweigerer“ die Kündigung selbst zu verantworten hat und dann eine sogenannte Sperrzeit verhängen.

Eine Sperrzeit wird in der Regel für zwölf Wochen verhängt, dh der Arbeitnehmer erhält 12 Wochen kein Arbeitslosengeld.

Eine Sperrzeit tritt aber nur dann ein, wenn die arbeitslose Person für ihr Verhalten keinen wichtigen Grund hat. Die Ablehnung einer Impfung ist regelmäßig als wichtiger Grund anzuerkennen so das Bundesarbeitsministerium, dh dass der Arbeitnehmer keine Sperrzeit zu befürchten hat, weil er für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte.

Anders sieht es dagegen aus, wenn ein Arbeitnehmer als „Impfverweigerer“ selbst kündigt. In so einem Fall ist es durchaus möglich, dass die Arbeitsagentur das Arbeitslosengeld I erstmal streicht.

Übrige Beschäftigte – allgemeine Impfpflicht

Eine allgemeine Impfpflicht für Beschäftigte außerhalb des Gesundheitswesens besteht derzeit nicht und zudem sind die arbeitsrechtlichen Auswirkungen einer derartigen möglichen Regelung bisher nicht klar.

Im Rahmen der Masern-Impfpflicht hat das Bundesverfassungsgericht bereits die Voraussetzungen für eine allgemeine Impfpflicht festgelegt. In dieser Entscheidung wurde die Masernimpfpflicht als legitimes Ziel erachtet, da die Impfung die Weiterverbreitung der Krankheit in der Bevölkerung verhindert und Personen geschützt werden. Dies trifft im Hinblick auf die Corona-Impfung nur bedingt zu.

Das Problem besteht darin, dass die Corona-Impfung nicht zur Ausrottung der Krankheit bzw. des Virus führt. Einer Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen Corona fehlt somit das Merkmal der Geeignetheit zur endgültigen Beendigung der Pandemie.

Die Nachteile der Impfung für die Betroffenen dürfte die Vorteile der verfolgten Ziele, auch nach der Rechtsprechung zur Masernimpfung, nicht überwiegen.

In Anbetracht der vielen Corona-Toten und der Verlaufszahlen aufgrund der Omikron-Variante dürfte sich dies jedoch hinsichtlich eines Eingriffs in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit anders darstellen und dieser Eingriff somit als gerechtfertigt erscheinen.

Doch auch hier werden viele Fragen aufgeworfen:

Problematisch dürfte die Vereinbarkeit einer Impfpflicht mit dem Grundrecht aus Art. 1 Abs. 2 S. 1 GG sein. Das Grundrecht schützt die Menschenwürde und untersagt es, Menschen zum Objekt staatlichen Handelns zu machen. Doch wiegen auch hier die Verhinderung der epidemischen und rasanten Verbreitung einer übertragbaren Krankheit mit schweren Verlaufsformen und den Corona-Folgeschäden so schwer, dass eine Impfpflicht den Status des Einzelnen als Rechtssubjekt, grundsätzlich in Frage stellt, indem sie die Achtung des Wertes vermissen lässt, der jedem Menschen zukommt.

Viele Juristen verweisen darauf, dass anhand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der Gesetzgeber eine großen Abwägungs- und Gestaltungsspielraum hat, wenn es um die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht geht, BVerfGE v. 19.11.2021 – 1 BvR 781/21.

Hier werden wichtige Aspekte, wie der des entscheidenden Zeitpunkts für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei Einführung der Notbremse und der im April 2021 vorherrschenden Pandemielage und des Umstandes, dass Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sachlich wie rechtlich anders zu bewerten sind als ein Impfpflicht, welche einen unmittelbaren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeutet und zu guter Letzt, das nach jetzigem Stand der Medizin, wie auch der Meinung der Ständigen Impfkommission mehrere Impfungen notwendig sind, um einen ausreichenden Schutz zu erhalten, vergessen.

EU-Recht spräche aber nicht gegen die Einführung einer allgemeine Impfpflicht. Der Europäische Gerichtshof für Menschen Rechte (EGMR) bspw. hat in seinem Urteil v. 8.4.2021 – 47621/13 betont, dass eine Impfpflicht zwar einen Grundrechtseingriff darstellen würde, dieser aber wegen des Schutzes des übergeordneten Interesses der Gesundheitsvorsorge gerechtfertigt sei.

Derzeit besteht in Deutschland keinerlei Rechtsgrundlage zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. § 20 Abs. 6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) würde hierfür nicht ausreichen. Es bedarf einer Änderung dieser Regelung oder aber der Einführung einer neuen, umfassender formulierten Vorschrift.

Arbeitsrechtlich bedeutet dies für Beschäftigte außerhalb des Gesundheitswesens, dass eine Impfpflicht nicht besteht und auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nicht in einer Kündigung enden dürfen.

Die Kündigung ist immer das letzte Mittel, welche der Arbeitgeber ergreifen kann. Vor Ausspruch einer Kündigung muss der Arbeitgeber mildere Mittel anwenden, wie bspw. Home-Office Möglichkeit, Anbietung eines anderen Arbeitsplatzes, der weniger Kontakt zu anderen Personen bietet oder dergleichen.

Wir raten Ihnen, falls Sie sowohl als Arbeitgeber, als auch als Arbeitnehmer mit derartigen arbeitsrechtlichen Fragestellungen betroffen sind, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden.

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Wir von LOIBL LAW – der Rechtskanzlei aus Deggendorf vertreten Sie in arbeitsrechtlichen Angelegenheit bundesweit – melden Sie sich, wir handeln schnell und zielorientiert!

Über uns

Herr Loibl hat die Kanzlei im August 2019 gegründet. Er hat sein Rechtswissenschaftliches Studium an der Universität Passau absolviert. Während des Referendariats am OLG München folgten Stationen bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf, dem Landgericht Deggendorf.
Vor seinem Studium der Rechtswissenschaften war Herr Loibl bereits mehrere Jahre im Öffentlichen Dienst bei verschiedenen Behörden tätig.

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