Flugausfall, -Annullierung, -Verspätung oder Nichtbeförderung? – Wir setzen Ihre Rechte gegen die Airline durch!

Viele Airlines erstatten den Flug-/Ticketpreis nicht zurück, obwohl der Flug storniert/annulliert wurde, z.B. wegen Corona!

Welche Rechte haben Sie als Flugpassagier wenn der Flug beispielsweise wegen Corona storniert bzw. annulliert wurde?

Entscheidend ist hier die sog. Fluggastrechte-VO – kurz VO 261/2004!

Der Anwendungsbereich der Verordnung umfasst im Wesentlichen sog. Unterstützungs- und Ausgleichsansprüche wegen

Allgemeines Regelungsgegenstand

In Art. 1 Abs. 1 der Fluggastrechte-VO sind die Mindestrechte für Fluggäste für folgende Fälle geregelt:

  • Nichtbeförderung gegen den Willen des Fluggastes
  • Annullierung des Flugs
  • Verspätung des Flugs

Die Verordnung gilt sowohl im gesamten Raum der Europäischen Union als auch über Abkommen in vielen anderen europäischen Ländern.

Da die Verordnung als solche erlassen wurde, hat Sie in den Europäischen Staaten unmittelbare Geltung!

Anwendungsbereich der Fluggast-VO

Gegenüber der bisherigen Überbuchungs-VO Nr. 265/91 sieht die Fluggastrechte-VO erheblich höhere Ausgleichsleistungen vor und erfasst in ihrem Anwendungsbereich auch die Nichtbeförderung, sprich eine Annullierung.

Grds. bestimmt sich der Anwendungsbereich nach Art. 1 Abs. 1 Fluggastrechte-VO.

Für den Anwendungsbereich ist nach der Art der ausführenden Airline und dem Startflughafen für den Flug zu differenzieren.

  • Art. 3 Abs. 1 lit. a Fluggast-VO erfasst Flüge, die von einem Flughafen aus dem Gebiet der EU starten.
  • Art. 3 lit. b Fluggast-VO erfasst Flüge, die zu einem Flughafen auf dem Gebiet der EU starten und von einer Airline der Gemeinschaft durchgeführt werden.

Die Fluggastrechte-VO gilt somit bei allen aus der EU abgehenden Flügen, auch wenn die Flüge nicht von Airlines der Gemeinschaft durchgeführt werden.

Sowohl der sachliche als auch der räumliche und persönliche Anwendungsbereich muss eröffnet sein.

Beispiel:

Ein Flug soll von München nach Nizza erfolgen. Es bestand eine bestätigte Buchung und ebenso eine Sitzplatzreservierung. Der Flug wurde wegen der Corona-Maßnahmen annulliert. Die Fluggesellschaft erstattete den Flugpreis jedoch nicht zurück. Auch auf schriftliche Aufforderungen des Fluggastes reagierte die Fluggesellschaft nicht. Der Fluggast beauftragt einen Anwalt mit der Geltendmachung der Rückerstattung.

Inhalt der Fluggastrechte-VO

Nichtbeförderung

  • Bei einer Nichtbeförderung wird die Fluggesellschaft / Airline versuchen Gäste zu finden, die auf den Flug verzichten und hierfür eine Gegenleistung erhalten.
  • Fluggäste die nicht verzichten und nicht befördert werden, können den Flug stornieren, die Rückerstattung fordern oder auf die Fortsetzung der Beförderung berufen. Bei letzterem werden die Fluggäste entsprechend betreut.

Annullierung

  • Grds. ist das Luftfahrtunternehmen / Airline verpflichtet die Fluggäste vor der Annullierung rechtzeitig zu informieren – so Art. 14 Fluggastrechte-VO.
  • Zudem muss die Fluggesellschaft den Fluggästen eine zumutbare anderweitige Beförderung anbieten.
  • Andernfalls muss die Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung leisten und eine Betreuung anbieten.
  • Letzteres entfällt jedoch, wenn die Annullierung auf sog. außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.

Verspätung

  • Fluggäste deren Flug, sei es Kurz-, Mittel- oder Langstreckenflug sich um 2, 3 oder 4 Stunden verspäten müssen angemessen betreut werden.
  • Beträgt die Verspätung 5 Stunden, können die Fluggäste ab diesem Zeitpunkt ihre Flüge stornieren, die Rückerstattung fordern oder unter zumutbaren Bedingungen fortsetzen.
  • Im Gegensatz zur Nichtbeförderung bzw. Annullierung werden bei Verspätungen dieser Art keine Ausgleichszahlungen – sind aber im Zuge der Gleichbehandlung mit Flug-Annullierungen doch zu zahlen.
  • Die Höhe kann zwischen 250 und bis zu 600 € betragen, können jedoch um die Hälfte gekürzt werden, wenn der Fluggast sein Ziel in einer gewissen Toleranz-Zeit doch noch erreicht.

Anspruchsgrundlagen

Nichtbeförderung

Bei einer Nichtbeförderung stehen dem Fluggast folgende Ansprüche zu:

In Artikel 4 Abs. 3 der Fluggastrechte-VO heißt es wie folgt:

„Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so erbringt das ausführende Luftfahrtunternehmen diesen unverzüglich die Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 und die Unterstützungsleistungen gemäß den Artikeln 8 und 9.“

Das bedeutet, dass der Fluggast sowohl Ausgleichsleistungen nach Art. 7 der VO als auch Unterstützungsleistungen nach Art. 8 und 9 der VO verlangen kann.

Ausgleichsleistungen sind,

  • bis zu 250 EUR – Flugentfernung von 1500 Km oder weniger,
  • bis zu 400 EUR  – Flugentfernung innergemeinschaftlich von mehr als 1500 Km, andere bis 3500 Km
  • bis zu 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Wie muss die Ausgleichzahlung geleistet werden?

Art. 7 Abs. 3 der Fluggastrechte-VO besagt, dass die die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen erfolgen.

Unterstützungsleistungen sind,

  • die Rückerstattung der Flugschein-/Ticketkosten
  • Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
  • Hotelunterbringung
  • Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).

Annullierung

  • Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen Unterstützungsleistungen angeboten,
  • vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt

Nach Art. 5 Abs. 4 Fluggastrechte-VO trägt die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des Fluges unterrichtet wurde, das ausführende Luftfahrtunternehmen.

Verspätung

Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug

  • bei einer Flugentfernung von 1500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr oder
  • bei innergemeinschaftlichen Flügen u. einer Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen zwischen 1500 km und 3500 km um drei Stunden oder mehr oder
  • bei allen nicht unter die vorgenannten fallenden Flügen um vier Stunden oder mehr,

gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert, so werden den Fluggästen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen,

  • die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten,
  • wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit erst am Tag nach der zuvor angekündigten Abflugzeit liegt, die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und,
  • wenn die Verspätung mindestens fünf Stunden beträgt, die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) angeboten.

Auf jeden Fall müssen die Unterstützungsleistungen innerhalb der vorstehend für die jeweilige Entfernungskategorie vorgesehenen Fristen angeboten werden.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten / Rechtsverfolgungskosten

Um unser Beispiel weiter zu betrachten folgende Frage!

Kann unser Fluggast einen Rechtsanwalt beauftragen um die Rechte aus der Fluggastrechteverordnung geltend zu machen und vor allem, bekommt er die Kosten die die Beauftragung des Rechtsanwalts kostet, erstattet?

  • Wie bereits aufgezeigt, muss die Rückerstattung des Flug-/Ticketpreises innerhalb von 7 Tagen erfolgen. Ab dem 8. Tag befindet sich die Airline in Zahlungsverzug.
  • Die Rechtsgrundlage folgt aus der Fluggastrechte-VO.
  • Sofern, wie vorliegend, keine Erfüllung von Unterstützungsleistungen erfolgt, nimmt der EuGH an, dass Art. 8 und 9 der VO neben dem Erfüllungsanspruch auch einen unmittelbaren Anspruch auf Schadensersatz begründet.
  • Sofern die Fluggesellschaft wie im Beispielsfall die berechtigten Ansprüche des Fluggastes aus Art. 8, 9 der VO, der Rückerstattung des Flugscheinpreises und der Hotelkosten, nicht reguliert hat, obwohl sie hierzu aufgefordert wurde und gesetzlich zur Rückerstattung verpflichtet ist, konnte ein Rechtsanwalt mit der Geltendmachung beauftragt werden und die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit als Verzugsschaden gegenüber der Airline geltend gemacht werden.

Das AG Rüsselsheim hat diesbezüglich in seiner Entscheidung vom 10.8.2011 – 3 C 237/11 so entschieden – Rn. 14 ff.:

„Die Kläger können auch Ersatz der im Rahmen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewendeten Kosten nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB verlangen. 

Keine Leistung der Airline / Fluggesellschaft bei außergewöhnlichen Umständen?

Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechte-VO besagt, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet ist, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Als außergewöhnlicher Umstand wurde bspw. anerkannt,

  • Enteisungsanlage defekt
  • Vogelschlag
  • Schließung des Luftraums wg. Vulkanasche
  • Annullierung wg. Nebel
  • Blitzschlag
  • Mitarbeiterstreik

ABER – auch bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, wie etwa eine Luftraumsperre, Corona oder dergleichen, ist das ausführende Luftfahrtunternehmen nicht von der Erfüllung der Ansprüche nach Art. 8 der VO befreit.

Art. 5 III der VO kann weder unmittelbar noch analog auf die Unterstützung- und Betreuungsleistungen der Art. 8 und 9 angewendet werden so der EuGH in seiner Entscheidung „McDonagh ./. Ryanair v.  31.1.2013 – Az. C-12/11.

Das bedeutet, dass auch bei vorliegen außergewöhnlicher Umstände wie den Corona bedingten Maßnahmen die Fluggesellschaft die Unterstützungs- und Betreuungsleistungen, insbesondere die Rückerstattung des Flugpreises zu erfüllen hat.

Achtung – erforderlich ist in jedem Fall zu Prüfung der Umstände des Einzelfalles, deswegen sollten Sie einen Anwalt mit der Prüfung beauftragen! 

Wir von LOIBL LAW beraten Sie in reiserechtlichen Angelegenheiten – melden Sie sich!

Über uns

Herr Loibl hat die Kanzlei im August 2019 gegründet. Er hat sein Rechtswissenschaftliches Studium an der Universität Passau absolviert. Während des Referendariats am OLG München folgten Stationen bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf, dem Landgericht Deggendorf.
Vor seinem Studium der Rechtswissenschaften war Herr Loibl bereits mehrere Jahre im Öffentlichen Dienst bei verschiedenen Behörden tätig.

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