Entscheidendes Urteil des AG Frankfurt am Main Urt. v. 15.10.2020, Az. 32 C 2620/20 (18)

Nach einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main v. 15.10.2020 – Az. 32 C 2620/20 (18) muss ein Reiseveranstalter innerhalb von zwei Wochen nach dem Rücktritt (Stornierung) der Reise nicht nur den Reisepreis rückerstatten, wenn die Voraussetzungen des § 651h BGB vorliegen, sondern muss zudem evtl. Verzugszinsen und die Anwaltskosten tragen, wenn der Veranstalter mit der Rückerstattung in Verzug ist.

Viele Veranstalter erheben trotz der eindeutigen Regelung in § 651h BGB nach einer Corona bedingten Stornierung       Stornokosten und halten im allgemeinen Wochen und Monate die Rückerstattungen zurück, obwohl die Frist zur Rückerstattung gesetzlich geregelt ist.

Nach § 651h Abs. 3 BGB hat der Reiseveranstalter keinen Anspruch auf Stornokosten, wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, welche die Reise erheblich beeinträchtigen.

Lesen Sie hierzu unseren Beitrag Rückerstattung des Reisepreises auch ohne Reisewarnung!

Der o. g. Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ein Reisender hat eine Reise nach Spanien gebucht. Der Reiseveranstalter hat die Reise Corona bedingt abgesagt, den Reisepreis aber nicht erstattet, sondern nur Gutscheine ausgestellt. Der Reisende klagte auf Rückerstattung.

Der Veranstalter war dann bereit den Reisepreis zu erstatten, jedoch verweigerte er die Zahlung von Verzugszinsen und ebenfalls die Erstattung der Rechtsanwaltskosten.

Das Amtsgericht verurteilte den Reiseveranstalter, dass er neben dem Reisepreis auch die angefallenen Verzugszinsen und die Rechtsanwaltskosten zu erstatten hat.

Rechtliche Ausführungen:

1.  Verzugszinsen

Nach § 651h Abs. 5 BGB muss der Reiseveranstalter die Rückerstattung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen vornehmen.

Sofern der Reiseveranstalter nicht innerhalb der 14 Tage wie im vorgenannten Absatz zurückerstattet, hierzu aber verpflichtet ist, ist er mit der Rückerstattung in Verzug.

Durch den Rücktritt / Stornierung der Reise wandelt sich das Schuldverhältnis, der Reisevertrag, gem. § 346 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis um.

Der Veranstalter ist gesetzlich nach § 651h Abs. 4 und Abs. 5 BGB verpflichtet, unverzüglich, jedoch innerhalb von 14 Tagen den Reisepreis zurückerstatten. Somit ist die Pflicht zur Rückerstattung per Gesetz bestimmt.

Leistet der Schuldner (Reiseveranstalter) auf eine Mahnung des Gläubigers (Reisender) nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug, § 286 Abs. 1 S. 1 BGB.

Nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB ist eine Mahnung entbehrlich, wenn die Fälligkeit nach dem Kalender bestimmt ist. Da die Rückerstattungspflicht gesetzlich festgelegt ist und somit der Zeitraum für die Rückerstattung bestimmt ist, tritt Zahlungsverzug ohne Mahnung ein.

Eine Mahnung ist grundsätzlich entbehrlich, da nach § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB die Leistungszeit durch den Hinweis „der unverzüglichen Rückerstattung“ in § 651h BGB, d.h. innerhalb von 14 Tagen, zu erfolgender Rückerstattung, bestimmbar ist.

Der Zahlungsverzug beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Schuldner, der Reiseveranstalter, die Leistung zu erbringen hatte.

2. Rechtsverfolgungskosten

Ein Schadensersatzanspruch wegen verzögerter Erfüllung der Rückzahlungspflicht setzt nach §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 4, 276 BGB ein Verschulden voraus. Das Verschulden wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Diese Vermutung muss der Reiseveranstalter widerlegen.

Den Reisenden ist durch die nicht erfolgte Rückzahlung ein kausaler Schaden iSd. § 249 BGB entstanden.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gehören zum erstattungsfähigen Schaden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist, dass der Reisende im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet wurde und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Reisenden mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war – st. Rspr; z.B. BGH, Urteil v. 26.05.2009 – VI ZR 174/08.

Die Beauftragung eines Anwalts ist in derartigen Fällen erforderlich, da der Reiseveranstalter die Rückerstattung verweigerte und sich mit der Rückzahlung in Verzug befand. Von dem Reisenden kann nicht erwartet werden, dass er mit neu auftretenden, reiserechtlichen Fragen vertraut ist.

Entscheidung des AG Frankfurt:

Das Gericht verurteilte den Reiseveranstalter zur Zahlung der Verzugszinsen, weil sich der Reiseveranstalter mit der Rückerstattung des Reisepreises in Verzug befand und zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten, da die Beauftragung eines Anwalts in diesem Fall erforderlich war.

Zudem führte das Gericht aus, dass etwaige Liquiditätsschwierigkeiten des Reiseveranstalters aufgrund der großen Anzahl von Stornierung nicht zu berücksichtigen sind, da der Reiseveranstalter für die finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat und dies aus der Existenz des Insolvenzrechts abgeleitet wird – hier gilt „Geld hat man zu haben!

Weiter sei es einem Reiseunternehmen in der Größe der Beklagten zuzumuten, innerhalb von kürzester Zeit auf die sich anhäufenden Zahlungsansprüche zu reagieren und sich dementsprechend zu organisieren – etwa durch Einrichtung einer speziellen Abteilung – so das Gericht.

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Herr Loibl hat die Kanzlei im August 2019 gegründet. Er hat sein Rechtswissenschaftliches Studium an der Universität Passau absolviert. Während des Referendariats am OLG München folgten Stationen bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf, dem Landgericht Deggendorf.
Vor seinem Studium der Rechtswissenschaften war Herr Loibl bereits mehrere Jahre im Öffentlichen Dienst bei verschiedenen Behörden tätig.

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