Arbeitsrecht – das Wichtigste zum Thema Kündigung!
Eine Kündigung wird ausgesprochen nach dem Motto,
ENE MENE MUH… und raus bist Du!
Ganz so einfach ist es aber nicht!
Allgemeines
- Eine Kündigung muss immer das letzte Mittel des Arbeitgebers sein, d.h. bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber prüfen, ob es nicht ein anderes milderes Mittel gibt, um die Kündigung vermeiden zu können.
- Zudem sind an eine Kündigung viele Wirksamkeitserfordernisse gestellt, die beachtet werden müssen.
- Erforderlich ist grds. immer eine vorherige Abmahnung (insbesondere bei einer verhaltensbedingten Kündigung), außer diese ist entbehrlich. Letzteres ist der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerrüttet ist.
Kündigung – auf was ist zu achten?
- Allgemeine Unwirksamkeitsgründe – Fehler
- Kündigungsfristen
- Abmahnung erfolgt – oder ist diese entbehrlich?
- Kündigungsschutzklage
- Soziale Rechtfertigung / Kündigungsschutz?
- Anspruch auf Abfindung?
Allgemeine Unwirksamkeitsgründe – Fehler
- Kündigung muss immer schriftlich erfolgen – § 623 BGB
- Vertretungsmacht, d.h. durch bevollmächtigte Person ausgestellt / unterzeichnet, z.B. durch Personalchef
- Anhörung und Zustimmung des Betriebsrats
- Keine Knüpfung an Bedingung
- Kündigungsgrund erforderlich
- Einhaltung der Kündigungsfrist bei ordentl. Kündigung
- Wichtiger Grund bei außerordentlichen/fristlosen Kündigung erforderlich
- Keine sittenwidrige oder treuwidrige Kündigung, z.B. aus Rache oder Vergeltung
Kündigungsfristen
- Bei den Kündigungsfristen ist zwischen der gesetzlichen Kündigungsfrist oder der Kündigungsfrist aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag zu unterscheiden.
- Voraussetzung ist, dass die Kündigungsfrist mindestens so lang ist, wie das Gesetz es vorschreibt.
- Die Grundkündigungsfrist für den Arbeitgeber u. den Arbeitnehmer beträgt nach § 622 Abs. 1 BGB vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Monats.
- Gesetzliche Kündigungsfrist ist in § 622 BGB geregelt!
- Die Kündigungsfrist die der Arbeitgeber einzuhalten hat, hängt grds. von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers ab.
- Der Arbeitnehmer wiederum kann mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats kündigen.
Achtung: Innerhalb der Probezeit gilt sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen!
Kürzere als die gesetzlichen Fristen können in Tarifverträgen enthalten sein, § 622 Abs. 4 BGB. In Arbeitsverträgen kann nur in begrenztem Umfang von den gesetzlichen Fristen abgewichen werden.
Kündigungsarten
Zunächst ist zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung zu unterscheiden. Der größte Unterschied zwischen beiden ist, dass bei der außerordentlichen Kündigung ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vorliegen muss.
Es gibt verschiedene Unterarten von Kündigungen:
- Personenbedingte Kündigung
- Verhaltensbedingte Kündigung
- Betriebsbedingte Kündigung
- Kündigung wegen Betriebsübergang
- Änderungskündigung
- Druckkündigung
- Verdachtskündigung
Die drei erstgenannten Arten der Kündigung sind die am bedeutendsten.
Außerordentliche / Fristlose Kündigung
- Der Arbeitgeber muss bei einer außerordentlichen Kündigung den wichtigen Grund im Kündigungsschreiben angeben.
- Wichtig ist, der Arbeitgeber muss die Kündigung aus wichtigem Grund innerhalb von zwei Wochen seit Kenntnis des Grundes aussprechen (§ 626 Abs. 2 BGB), zudem muss die Kündigung innerhalb dieser zwei Wochen zugehen.
- In der Regel steht bei einer außerordentlichen Kündigung das Verhalten des Arbeitnehmers im Vordergrund, sodass hierin die Gründe zu suchen sind, ob die Kündigung rechtmäßig erfolgte. Dies ist der Fall, bei
- Verletzung einer Haupt-/Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag
- Rechtswidrige, d.h. vorsätzlich oder fahrlässige Verletzung der Pflicht
- Verhältnismäßigkeit, milderes Mittel wie Abmahnung o. ordentl. Kündigung nicht möglich
- Interessenabwägung zwischen denen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers – Umstände die berücksichtigt werden sind bspw. Schäden, bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers, Betriebszugehörigkeit, Schwere des Verschuldens etc.
Prüfung einer außerordentlichen Kündigung:
- Ordnungsgemäße Kündigungserklärung – Form § 623 BGB
- Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung
- Schwangere – § 9 III MuSchG
- Schwerbehinderte – § 85 SGB IX
- BetrVG – § 103
- Anhörung des Betriebsrats nach § 102 I BetrVG
- Einhalten der Klagefrist gemäß § 13 I S. 2, § 4 S. 1 KSchG
- Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 626 I BGB
- Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist – § 626 II BGB?
- Erfordert eine Zweistufige Prüfung:
- Stufe 1.: Vorliegen eines wichtigen Grundes? – der vorliegen Sachverhalt muss wichtigen Grund darzustellen
- Stufe 2.: Interessenabwägung und Ultima-Ratio-Prinzip – Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und Abwägung der Interessen, d.h. Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit müssen gegeben sein.
- Umdeutung gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung
Anerkannt als Pflichtverstöße bisher u.a.
- Arbeitsverweigerung
- Beleidigung des Arbeitgebers
- Geschäftsschädigende Äußerungen
- Straftaten (Betrug, Diebstahl, Veruntreuung, sexuelle Belästigung)
- Eigenmäßiger Urlaubsantritt
- Mobbing
- Konkurrenztätigkeit
- Arbeitszeitbetrug
Personenbedingte Kündigung
Eine Personenbedingte Kündigung betrifft Umstände die in der Person selbst liegen, d.h. es können persönliche, gesundheitliche oder fachliche Gründe vorliegen, wie bspw.
- Erkrankung (Kurz- oder Langzeiterkrankung)
- Wegfall der Berufsausübungserlaubnis – z.B. Führerscheinentzug
- Arbeitsverhinderung wegen Haft
- fehlende Arbeitserlaubnis
Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen Krankheit sind,
- Negative Prognose: Der Arbeitnehmer ist nicht mehr in der Lage Arbeitsleistung zu erbringen.
- Erhebliche betriebliche Auswirkungen: Dem Arbeitgeber entstehen schwere wirtschaftliche Belastungen durch den Wegfall des Arbeitnehmers, wie die Rückgang der Produktion, Überlastung der verbliebenen Arbeitskräfte etc.
- Verhältnismäßigkeit / Milderes Mittel: Versetzung auf einen anderen freien Arbeitsplatz nicht möglich.
- Interessenabwägung: Das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt.
Verhaltensbedingte Kündigung
Die Verhaltensbedingte Kündigung umfasst Umstände, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen.
Die Prüfung der Verhaltensbedingten Kündigung erfolgt fast gleich der personenbedingten.
Prüfungsschema:
- Vertragsverletzung – Haupt- oder Nebenpflichtverletzung
- Abmahnung – evtl. Entbehrlichkeit der Abmahnung
- negative Prognose
- keine vorrangig milderen Mittel – evtl. Abmahnung, Änderungskündigung etc.
- Interessenabwägung – insbes. Verhältnismäßigkeit
Beispielhaft einige Einzelfälle verhaltensbedingter Kündigung:
- Unentschuldigtes Fehlen
- Internetsurfen während der Arbeitszeit
- Beleidigung des Arbeitgebers und seiner Repräsentanten
- Andauernde Unpünktlichkeit / Spätes Erscheinen am Arbeitsplatz ohne Entschuldigung
- Länger andauernde mangelhafte Arbeitsleistung
- Minusstunden über einen längeren Zeitraum
- Straftaten (Betrug, Diebstahl etc.)
- Mobbing
Betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung setzt voraus, dass Beschäftigungsmöglichkeiten wegfallen.
Mögliche Gründe hierfür sind außer- oder innerbetriebliche Ursachen, wie Betriebsstilllegung, Auftragsmangel, Umorganisation, Rationalisierung, Stellenstreichungen oder der Wegfall von Drittmitteln.
Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein, wenn der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen möchte:
- Betriebliche Erfordernisse: Bedarf an Arbeitsleistung wird geringer / fällt weg.
- Dringlichkeit: Keine andere Möglichkeit, den Arbeitnehmer im Unternehmen zu beschäftigen.
- Interessenabwägung: Abwägung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteresses
- Sozialauswahl: Sozialauswahl muss ordnungsgemäß erfolgen.
Kündigungsschutzklage
- Ab Zugang des Kündigungsschreiben muss innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben werden, sonst gilt die Kündigung nach §§ 4, 7 KSchG als rechtswirksam.
- Im Gerichtsverfahren wird die Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht, weil die Kündigung unwirksam ist.
- In der Regel wird die Durchsetzung einer Abfindung bezweckt.
Soziale Rechtfertigung / Kündigungsschutz
- Eine Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein, wenn der der Arbeitnehmer bei Zugang der Kündigung länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt war, § 1 Abs. 1 KSchG und regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer (abzgl. der Azubis) im Betrieb beschäftigt sind, § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG.
- Das gilt selbst dann, wenn das jeweilige Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat. Bis 31.12.2003 griff der Kündigungsschutz erst bei Unternehmen mit mehr als fünf Mitarbeitern, seit 1.1.2004 bei mehr als zehn Mitarbeitern.
- Für Arbeitnehmer, die weniger als sechs Monate im Unternehmen bzw. Betrieb beschäftigt sind, gilt der Kündigungsschutz nicht (§ 1 Abs. 1 KSchG). Möglich ist aber, die Probezeit von sechs Monaten arbeitsvertraglich zu verkürzen oder gänzlich auszuschließen.
- Teilzeitbeschäftigte zählen prozentual zu den Beschäftigten dazu, § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG.
- Entscheidend ist also, ob der Arbeitnehmer unter das Kündigungsschutzgesetz, kurz KSchG, fällt und vor allem der Begriff des Arbeitnehmers iSd. Kündigungsschutzgesetzes.
Arbeitnehmer iSd KSchG sind,
- Mitarbeiter in Vollzeit oder Teilzeitbeschäftigung
- geringfügig Beschäftigte
- Prokuristen
Achtung: Crowdworker können nach einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgericht als Arbeitnehmer eingestuft werden – BAG (Urt. v. 01.12.2020, Az.: 9 AZR 102/20) – lesen Sie hierzu unseren Beitrag Crowdworker – Arbeitnehmer iSd. Arbeitsrecht?
Kein Arbeitnehmer iSd. KSchG sind,
- freie Mitarbeiter
- Praktikanten
- Handelsvertreter,
- Vorstände und/oder Geschäftsführer
Das KSchG findet jedoch Anwendung auf leitende Angestellte wie Betriebsleiter, Geschäftsführer, soweit diese die Befugnis haben, Arbeitnehmer einzustellen oder zu entlassen.
Für bestimmte Arbeitnehmer gilt ein Sonderkündigungsschutz, dies ist bspw. der Fall bei,
- Betriebsrats-/ Personalratsmitglieder
- Schwerbehinderte Arbeitnehmer
- Schwerbehindertenvertreter
- Datenschutzbeauftragte/r / Immissionsschutzbeauftragte/r
- schwangere Arbeitnehmerinnen
- Arbeitnehmer in Elternzeit oder Pflegezeit
- Auszubildende nach der Probezeit
Abfindung
- Grundsätzlich gilt – einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung im Falle einer Kündigung gibt es nicht.
- Ob dennoch eine Abfindung gezahlt wird, ist anhand der Gesamtbetrachtung der Umstände im Einzelfall zu prüfen und abhängig von verschiedenen Faktoren.
- Möglich ist eine Abfindung insbesondere in folgenden Fällen:
– Aufhebungsvertrag
– Betriebsbedingte Kündigung
– Gerichtlicher Vergleich
– Auflösungsurteil
– Sozialplan, Betriebsvereinbarung
- Die Höhe einer Abfindung kann vertraglich geregelt werden oder je nach Verhandlungsgeschick individuell ausgehandelt werden.
- Grundsätzlich beträgt die Abfindung ein halbes Monatsgehalt je Beschäftigungsjahr. Halbe Beschäftigungsjahre werden aufgerundet.
- Auch sollte darauf geachtet werden, ob die Abfindungssumme brutto oder netto ausgezahlt werden soll. Bei einer Netto-Abfindung muss der Arbeitgeber die anfallenden Steuern zahlen. Generell üblich ist jedoch eine Bruttozahlung.
- Erfolgt keine ausdrückliche Vereinbarung gilt im Zweifel eine Bruttozahlung.
Muss ich Steuern und Sozialabgaben auf die Abfindung zahlen?
Die Abfindung ist kein Arbeitsentgelt, sondern eine Entschädigungsleistung sodass auf die Abfindung keine Sozialabgaben gezahlt werden, jedoch muss eine Abfindungszahlung versteuert werden.
Die Berechnung erfolgt anhand der sog. Fünftel-Regelung, d.h.
- Die Abfindungssumme wird durch fünf geteilt und zum Jahresgehalt addiert.
- Die Einkommensteuer für die gesamte Summe wird berechnet.
- Anschließend wird die Lohnsteuer für das Jahreseinkommen ohne Abfindung berechnet.
- Differenz der beiden Ergebnisse wird mit fünf multipliziert.
- Erhalt der geminderten Einkommensteuer, die auf die Abfindung zu zahlen ist.
Die Fünftel-Regelung ist nicht zulässig, wenn der Arbeitnehmer selbst gekündigt hat oder eine Abfindung bereits im Arbeitsvertrag vorgesehen war.
Grundsätzlich wird eine Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet.
Ihr Team von LOIBL LAW – der Rechtskanzlei aus Deggendorf!
Über uns
Herr Loibl hat die Kanzlei im August 2019 gegründet. Er hat sein Rechtswissenschaftliches Studium an der Universität Passau absolviert. Während des Referendariats am OLG München folgten Stationen bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf, dem Landgericht Deggendorf.
Vor seinem Studium der Rechtswissenschaften war Herr Loibl bereits mehrere Jahre im Öffentlichen Dienst bei verschiedenen Behörden tätig.
Sie haben Fragen?
Reden Sie mit uns, wir helfen Ihnen und freuen uns auf Ihre Nachricht.